DER MYTHOS BEAMTENBELEIDIGUNG
Nach wie vor hält sich hartnäckig die Annahme, dass es den Straftatbestand der Beamtenbeleidigung gibt, welcher härter bestraft wird, als die Beleidigung eines Zivilisten. Unabhängig davon hat sich die Zahl der polizeilich erfassten Beleidigungsdelikte in den letzten zwanzig Jahren fast verdoppelt.
1. Doch wie ist es nun mit Beleidigung, welche gegenüber Beamten geäußert werden?
Der Begriff „Beamtenbeleidigung“ ist fester Bestandteil des Sprachgebrauchs und wird des Weiteren auch ganz gerne von den Medien benutzt, jedoch gibt es diesen juristischen Sonderfall nicht.
Das heißt, beleidigt man nun einen Beamten, so gelten dieselben gesetzlichen Regelungen, wie bei jeder anderen Person auch.
2. Was ist der Unterschied zwischen einer Beleidigung, üblen Nachrede und Verleumdung?
Grundsätzlich ist die einfache Beleidigung (§ 185 StGB) von der "üblen Nachrede" (§ 186 StGB) und der "Verleumdung" (§ 187 StGB) zu unterscheiden.
Eine Beleidigung ist der rechtswidrige Angriff auf die Ehre einer anderen Person durch vorsätzliche Kundgabe der Missachtung oder Nichtachtung. Hierunter fallen auch Werturteile, also Aussagen, die die persönliche Einstellung, eine Meinung wiedergibt (z.B. "Ich finde, dass das Wetter heute schön ist").
Bei der üblen Nachrede erfolgt der Angriff auf die Ehre durch eine Tatsachenbehauptung, d.h. dieser muss sich auf eine Tatsache beziehen, welche auf ihren Wahrheitsgehalt nachprüfbar ist. Bezeichnet man zum Beispiel einen Beamten gegenüber seinem Vorgesetzten als korrupt, so kann dies überprüft werden und wenn dies nicht erweislich wahr ist, handelt es sich um üble Nachrede im Sinne des § 186 StGB.
Bei der Verleumdung nach § 187 StGB erfolgt der Angriff ebenfalls als Tatsachenbehauptung, bloß muss der Täter davon Kenntnis haben, dass es sich um eine unwahre Tatsache handelt.
3. Wann handelt es sich bei meiner Äußerung um eine Beleidigung oder lediglich um eine derbe Kritik?
Diese Unterscheidung stellt immer wieder eine Herausforderung für die Gerichte dar, denn hier kollidiert das Grundrecht der "freien Meinungsäußerung" mit dem "Persönlichkeitsrecht".
In mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wurden die Grenzen der Meinungsfreiheit im Zweifel weit ausgelegt. Entscheidend ist, dass die getätigte Äußerung einen sachlichen Bezug hat, um von der Meinungsfreiheit gedeckt zu sein. Ist jedoch die Herabsetzung der Person ohne sachlichen Bezug im Vordergrund, kann die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten sein. In solch einem Fall spricht man von einer Schmähkritik.
Hierunter fallen fast immer vulgäre Beleidigungen wie "Du Arschloch oder Scheißbulle", da hier die persönliche Herabwürdigung im Vordergrund steht. Wiederum hat der 1.Senat des Bayerischen Obersten Landgericht in seiner Entscheidung vom 20.10.2004 (Az.: 1 St RR 153/04) entschieden, dass die Bezeichnung von Polizeibeamten, im Rahmen einer Verkehrskontrolle, als "Wegelagerer" unter das Grundrecht der Meinungsfreiheit fällt, da die drastische Äußerung gegenüber den Polizeibeamten, erkennbar eine allgemeine Kritik an polizeilichen Maßnahmen zum Ausdruck gebracht hat und die Diffamierung der Beamten nicht im Vordergrund stand.
Bitte beachten Sie, dass Sie sprachliche Tricks selten vor einer Strafe bewahren. Zum Beispiel ist es nicht hilfreich, dass man betont, dass es sich bei der Äußerung lediglich um seine Meinung handelt. Ein "meiner Meinung nach, sind Sie ein Arschloch" wird genauso wie die Bezeichnung als "Arschloch" allein, als Beleidigung gehandhabt.
Unter den Straftatbestand der Beleidigung fallen, neben verbalen Äußerungen, auch herabwürdigende Gesten, wie zum Beispiel das Zeigen des "Stinkefingers oder das Tippen an die Stirn".
Keine Beleidigung sind allgemeine Unhöflichkeiten, Distanzlosigkeiten oder Persönlichkeitsverletzungen ohne abwertenden Charakter.
4. Besonderheiten bei der Beleidigung von Beamten
Wie bereits oben erwähnt, gibt es den Straftatbestand der „Beamtenbeleidigung“ nicht, jedoch gibt es gewisse Besonderheiten.
Beim Strafantrag (§§ 77, 77a, 194 Abs. 1 und 3 StGB)
Da es sich bei der Beleidigung um ein Antragsdelikt handelt, d.h. sie wird nur auf Antrag verfolgt (§ 194 Abs. 1 S. 1 StGB), kann in der Regel nur das Opfer einen Strafantrag stellen. Wird jedoch ein Amtsträger im Dienst beleidigt, kann auch dessen Dienstvorgesetzter die Beleidigung anzeigen (§ 194 Abs. 3 StGB).
Kollektivbeleidigung
Auch ist es möglich Angehörige einer Behörde, Partei und Verbänden kollektiv zu beleidigen. Jedoch nur, wenn es sich um eine eindeutig feststellbare Gruppe handelt. Zum Beispiel hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 17.05.2016 (Az.: 1 BvR 2150/14) geklärt, dass es sich bei der Äußerung "All Cops are Bastards (A.C.A.B.)" zwar um eine Beleidigung handelt, diese jedoch bestimmte Polizeibeamte individualisiert ansprechen muss.
Haben Sie noch darüber hinaus Fragen, dann können Sie gerne einen Termin mit uns vereinbaren.